Adriaan van Dis:
Ein feiner Herr und ein armer Hund
Die Legende vom heiligen Hund. In Paris brennt ein Wohnhaus mit Asylanten und ein Hund springt heraus und Mulder so in die Arme, dass er ihn rettet und mit zu sich in seine feine Wohnung nimmt. Der Hund führt Mulder selbstbewusst und zielorientiert durch das Paris der sans papiers und Mulder – ihm „fehlt jede Überzeugung“ – wird – aufgerüttelt auch von Père Bruno – zur Mutter Mulder der Vorstädte. Er, der sich gefragt hatte, „wie unglücklich man sein musste, um an Engel glauben zu können„, den der Lärm der Kirchenglocken immer gestört hatte, schließt sich seinem (?) Hund an und wird immer wütender über die Ungerechtigkeit der Welten. Der Hund aus Afrika und der Herr aus Holland: „Wer war hier der Herr? Wer war hier noch Hund?“
„Der Hund witterte den Geruch der Vorstädte und lief zügig voraus. Die rauen Stimmen von den Balkonen der Wohnkasernen, die Windböen, die um blinde Mauern fegten, der aus dem verwilderten Bauland angewehte Flugsand, es störte ihn alles nicht. Vielleicht, weil es ihn an Afrika erinnerte. Mulder und er nahmen Abkürzungen, durch fahle, betonierte Innenhöfe. Die Langeweile dort hatte Narben geschlagen. Alles, was auf den Zeichentischen der Architekten als Verschönerung geplant war – Springbrunne, Bänke, Spielplatz, Grünanlage – war zerstört, verfallen und zur Kippe für Hausmüll verkommen. Aber die Hundenase war glücklich. Hier keine sauberen Rinnsteine und keine Straßenfeger, die Tag für Tag Wasser durch die Gossen strömen ließen, sondern Abfallberge, Junkfoodreste, Milkshakebecher. Er wühlte, leckte und kaute. Ihm das abzugewöhnen, hatte Mulder bereits nach einem Tag aufgegeben. Fressen, so viel er fressen konnte, schien dem Hund zur zweiten Natur geworden, aus Notwendigkeit, er hätte sonst die Reise in den Norden nicht überlebt. Sein Magen konnte sogar noch aus einer Papiertüte etwas Nahrhaftes destillieren.“
Ein engagierter Roman mit „leichtem, elegantem Ton„. Ein Versuch, dem Flaneur Mulder und dem Leser die Lage der Immigranten nahezubringen. Gut gemeint, schön geschrieben, die Moral stört mich dann aber doch. Zu diesem Thema darfs auch ein Sachbuch sein.
2007 – 240 Seiten
Kommentar verfassen so far
Hinterlasse einen Kommentar