Nachrichten vom Höllenhund


Boëtius
12. April 2010, 19:48
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Henning Boëtius: Rom kann sehr heiß sein

Piet Hieronymus, Sonderermittler der niederländischen Kriminalpolizei mit einigen Freiheiten, hat eine schottische Freundin, Dale, die ihn besucht, dann in die Schweiz zu einem Sprachkurs fährt, aber in Bern nicht auffindbar ist. Hieronymus will sie suchen, trifft in Bern interessante Leute mit seltsamen Interessen, bleibt deshalb länger als gedacht in Bern, erfährt schließlich, dass Dale nach Rom weitergereist sein soll und kehrt wieder nach Groningen zurück, wo seine Mutter wieder aufgetaucht ist. Die Mutter stirbt, Hieronymus bleibt etwas länger und erinnert sich schließlich wieder an Dale und bricht nach Rom auf. Dort trifft er einige interessante Leute mit eher abwegigen Vorstellungen und Nina, die aber nach einiger Zeit nicht mehr zu finden ist. Hieronymus erinnert sich wieder an Dale und wird von seinem finnischen Bekannten Einar, auch er in Rom, erinnert, dass er Sonderermittler ist und sucht seine schottische Freundin. Dass er in Rom in der Zwischenzeit seinen für tot gehaltenen Vater findet, soll hier nicht verraten werden.

So, wie ich das beschreibe, klingt das alles recht verkrampft. Darum geht’s Boëtius aber auch nicht. Er erkundet die Atmosphären von Bern und Rom, die vom Milieu der Stadt geprägten Einwohner, das Trinken und Essen, die Frauen. Die Essen, die ihm vorgesetzt werden, sind immer sehr gut, die Weine ausgesucht, die Pflümlis und Grappe ebenso, und die Frauen natürlich alle erste Wahl. Aber auch darum geht’s Boëtius nicht.

Boëtius’ Themen sind die perversen Möglichkeiten der Gentechnologie, geklonte Menschen für eine bessere Welt, neue Golems, die Nemesis und das göttliche Pneuma. Das ganze Personal aus der Schweiz und Italien wird in einem Show-Down zusammenge- und überführt, alle stecken unter einer Decke, eine Verschwörung, bei der natürlich auch der Klerus des Kirchenstaates nicht fehlen darf.
Z.B. Monsignore Tanner:

 „Das zu Grunde liegende Wort ist Pneuma, Wind, Odem, Atem. Der Odem, der Atem des Lebens, den der Schöpfergott dem Lehmklumpen einhaucht, um daraus Adam zu machen. Heute brauchen wir ihn wieder. Wir brauchen, wie ich bereits sagte, einen neuen Adam. Wir brauchen ein neues Pneuma. Der alte Adam macht die Welt nur immer weiter kaputt. Ich bin der Überzeugung, man muss die ungeahnten Möglichkeiten der Gentechnik nutzen, um einen neuen Adam zu schaffen, um ihm neues Pneuma einzuhauchen. Ein Adam, der weiblicher ist als der alte, weniger aggressiv, weniger dumm. Der die Umwelt nicht zerstört. Der das Paradies, das Gott ihm zur Verfügung stellt, nicht in eine Wüste verwandelt.«
»Heißt das, Sie würden auch Leihmütter akzeptieren, Monsignore? Droht da nicht neues Unheil?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Denken Sie nur an Maria. Sie hat Jesus zur Welt gebracht, durchs Ohr gezeugt. Eine wunderschöne Metapher für künstliche Befruchtung. Jo­seph hatte keinen Verkehr mit ihr. Sie sehen, Maria war die erste Leihmutter, wenn Sie so wollen. Ich gebe zu, es mag in diesem Zusammenhang zu einigen Komplikationen kom­men können, aber insgesamt ist die Rolle der Leihmutter bei der Erschaffung des neuen Adam eine höchst ehrenwerte, Doktor Hieronymus.«
»Gentechnik und Theologie. Ich hätte nie gedacht, dass sich da Brücken schlagen lassen!«

 Ein Krimi ist das nicht, auch wenn die vielen Dispute in Krimi-Schemen eingeordnet werden. Eine Abhandlung über Gentechnologie auch nicht, dafür sind die wortführenden Personen zu abstrus, die wissenschaftliche Terminologie abgehoben. Ein Zwitter als Roman, dessen Titel ebenso doppeldeutig in die Irre und zu vielen Irren führt. 

2002       –        285 Seiten

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