Nachrichten vom Höllenhund


McEwan
1. Juni 2011, 11:29
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Ian McEwan: Solar

solarIan McEwan kann’s. Er schreibt in gefälligem Stil, angenehm zu lesen, eine schöne Mischung aus Beschreibung und Dialog. Dazu die Personen: Zentral Michael Beard, Nobelpreisträger, schon leicht angejahrt, aber immer noch gut im Geschäft, kleindickkahl, doch die Frauen mögen ihn und er stellt ihnen nach. Forschung interessiert ihn nur – noch -, wenn es Geld dafür gibt, fies klaut er Ideen, schreckt auch vor Vertuschungen und Anmaßungen nicht zurück, ein Widerling eigentlich. McEwan hält aber trotzdem in schwebender Sympathie zu ihm bis zum Ende. „Während er die Arme ausbreitete, kamen ihm Zweifel, dass irgendwer ihm jetzt noch Glauben schenken würde, wollte er behaupten, es sei Liebe.” Ironie, denn sowas wie Liebe kennt Beard nicht, nur Genuss. McEwan schreibt ihm sogar die Nobelpreisrede – von Professor Nils Palsternacka (aus dem Schwedischen übersetzt) -, sodass man fast geneigt ist, ihn zu googeln. Beard ist Engländer, weitere Schauplätze sind New Mexico und Spitzbergen und überall findet sich reichlich Stoff für Anekdoten. McEwan lässt nichts aus: nicht die Geschichte vom Rivalen, der sich selbst zu Tode bringt, nicht peinliche Intimerfrierungen, auch nicht den modernen Mythos des “Diebes wider Willen”, auch hier mit der Chuzpe, das eigene Erzählen als geklaut infrage zu stellen und damit souverän zu bleiben.

Es gibt viele Romane mit Wissenschaftlern als Protagonisten und Wissenschaft als Thema. Bei Solar ist es – ganz auf der Höhe der Zeit – das Problem der Nutzung der Solarenergie, das hier gelöst wird durch die Raffinesse der technischen Adaption der Photosynthese.  (Auch ein GEO-Artikel in Heft 7/11 befasst sich mit dem Thema.)

Die Kunst des Romans ist die Synthese von wissenschaftlichem Hintergrund und fiktiven Wirrnissen der Handlung. Auch Wissenschaftler sind Menschen, die Triebe gieren nach Frauen und Ruhm, nicht immer geht beides zusammen, aber lustig wirds, wenn sich Physiker und Physik in die Quere kommen. McEwan gestaltet das Grundmuster routiniert, hat gründlich recherchiert, kennt sich aus mit der Melange der Zutaten, weiß um die Wirkung des Angerichteten. Eine angenehme Lektüre, aber “Muss es wirklich eine Literatur der globalen Erwärmung geben?“ (Thomas Steinfeld, SZ)

Leseprobe des Diogenes-Verlags

  Ausführliche Inhaltsangabe bei Dieter Wunderlich

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