Nachrichten vom Höllenhund


Uhly
14. Juli 2011, 09:44
Filed under: - Belletristik | Schlagwörter:

Steven Uhly: Mein Leben in Aspik

Shame and scandal in the family. Uhly startet fulminant. »Meine Grundthese ist die, dass du nicht einer bist, sondern alle, die vor dir gelebt haben. Du bist dein Vater, deine Mutter, deine Oma, dein Opa, deine andere Oma, dein anderer Opa, alle, alle, selbst dann, wenn du sie noch nie gesehen hast, bist du sie. Ver­stehst du? Daraus ergibt sich eine dichterische Dichte, aus der heraus erst die Dichtung sich zur Sprache bringen kann.” Schon bald hat die Familie diesen Plan zum Leben gebracht. Oma erzählt von den Mordplänen an ihrem Mann, wir wissen aber nicht, ob diese Geschichten nicht nur Gute-Nacht-Erzählungen für den Enkel sind und auch nicht, ob der Opa der Opa ist und wie sicher die sonstigen familialen Verflechtungen sind.

 Ich wollte Natascha, ich liebte Natascha, Natascha war meine Frau, wir würden ein Kind haben.
Aber es würde nicht mein Kind sein, sondern das Kind meines Vaters. Es wäre mein Bruder, nicht mein Sohn. Mein Bruder, den mein Vater mit meiner Schwester gezeugt hätte, beziehungsweise mit meiner Tante. Mein Bruder wäre also zugleich mein Cousin. Aber er wäre auf keinen Fall mein Sohn, selbst, wenn ich so täte, als ob.

 Das ist zunächst amoralisch und phantasmatisch, Uhly und der Roman erliegen dem Ducheinandergevögle und inzestuösen Gezeuge aber selbst. Das Konstrukt trägt nicht, die Inzeste verfliegen nach und nach in Erklärungen, andere Zeuger werden hereingeholt, Biographien konstruiert. Der Vater entpuppt sich als Bordellier, der Opa als Nazi-Scherge – was den Roman besonders ärgerlich macht, weil die Rekurse auf Geschichte jeden Ernst und Sinn vermissen lassen. Pimp-Tralala. Uhly selbst schreibt sich dann plötzlich als Uhly in den Roman ein. Hat er vergessen, was bisher geschah? Die Idee, die „Grundthese“ reicht nicht, selbst die Sprache artet in Gestammel aus.

Das Buch des Secession-Verlags ist schön gemacht, der Inhalt aber unausgegoren.

2010      265 Seiten

Leseprobe des Secession-Verlags

  Tintenklecks im Gespräch mit Steven Uhly (Audio – 44 Minuten)

5-6


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