Nachrichten vom Höllenhund


Wagner
9. September 2011, 19:48
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Jan Costin Wagner:
Das Licht in einem dunklen Haus

Es bleibt nicht bei einem Mord. Nach und nach stellt sich aber ein Muster heraus: Der Täter bringt seine Opfer in der Öffentlichkeit um, er kippt sie aus dem Fenster, ersticht oder vergiftet sie, verschwindet aber, ohne Spuren zu hinterlassen. Ermittler Kimmo Joentaa und seine Kollegen legen bedächtig und geduldig Puzzlesteine zusammen, spüren Zusammenhänge auf, die Ergebnisse sind dürftig. Schließlich wird eine Frau ermordet, die ohnehin todkrank war und die nicht in das Raster des Serienmörders passt. Allerdings führen die Spuren auch hier nach Karjassari, einem Dorf in der finnischen Provinz, und sie führen 25 Jahre zurück ins Jahr 1985.

Jan Costin Wagner lässt die Steine lange isoliert, gibt dem Ermittlerteam und dem Leser viel Zeit, bis sich die ersten Verbindungen erkennen lassen.

 »Westerberg?«, fragte Sundström. »Du sprichst von Marko Westerberg aus Helsinki?«
»Ja«, sagte Joentaa.
»Ist in diesem Kaff. Karjasaari.«
»Ja.«
»Wegen eines Doppelmords.«
»Vermutlich.«
»Der mit unserer Toten zusammenhängt.«
»Ich denke, ja«, sagte Joentaa.

»Weil eine Verrückte in der Frau ihre Klavierlehrerin zu erkennen glaubt.«
»Ja«, sagte Joentaa.
»Deren Namen sie nicht kennt, sie weiß nur, dass sie ein Engel war.«
»Ja«, sagte Joentaa.
Er erwartete, dass Sundström gleich einen Witz machen und Karjasaari und alles andere verwerfen würde, aber wie so oft vermochte Sundström zu überraschen: »O. k.«, sagte er. »Wenn sich das verdichtet, kann es uns weiterbringen. Rufst du am Abend noch mal an und sagst, wie es aussieht?«
»Mache ich«, sagte Joentaa.
»Und gib mir die Adressen durch, von den Angehörigen der Verrückten. Wir setzen uns da schon mal dran. Vielleicht können die sich ja an den Namen der Klavierlehrerin erinnern.«
Angehörige der Verrückten, dachte Joentaa. »Mache ich«, sagte er.
»Dann hau rein«, sagte Sundström. »Bis später.« »Ja. Bis später«, sagte Joentaa.
Er legte das Handy aufs Bett, nahm den Laptop und schaltete ihn an. Er hatte keine neuen Nachrichten erhalten. Keinen Lottogewinn.
Keine Telefonrechnung.
Noch nicht einmal ein »Ja«.

Zunächst klingen die finnischen Namen oft ähnlich, dann aber beschleunigt Wagner die Spannung und das Lesefieber, während Joentaa bei seiner fast schon provozierenden Bedächtigkeit bleibt. Jan Costin Wagner baut den Roman geschickt auf. In die detailliert wiedergegebene Aufklärung der Morde stellt er Tagebuchauszüge aus den Jahren 1985 bzw. 2010, von denen man weiß, dass sie mit den Morden zu tun haben, die sich aber zunächst nur mühsam entschlüsseln lassen, da die Ermittler mit ihrem Wissen noch nicht so weit sind. Langsam wird erkennbar, dass der Hintergrund eine Jahrzehnte zurückliegende Vergewaltigung ist und dass die Klavierlehrerin Saara Koivula irgendwie im Netz der Rätsel und Personen sitzt.

Joentaa hat eine Prostituierte zur Freundin genommen, Larissa, eine rätselhafte Person, die sich nicht von Joentaa vereinnahmen lässt, ihm schließlich abhanden kommt, nicht mehr auf seine E-Mails reagiert, schließlich aber doch wichtige Informationen für ihn hat.

 „Kimmo Joentaa lebte mit einer Frau ohne Namen in einem Herbst ohne Regen. Das Hoch wurde Magdalena getauft. Die Frau ließ sich Larissa nennen. Sie kam und ging. Er wusste nicht, woher und wohin.“

„Vieles in diesem Buch bleibt auf reizvolle Weise bis zum Schluss ungesagt. Schreibend kreist dieser Autor weniger um die Greuel, sondern um das Entsetzen, das sie hervorrufen. Es geht ihm nicht um den Tod, sondern um die Leere, die er bei den Lebenden hinterlässt.“ (Sandra Kegel, FAZ)

Kalt, nüchtern brutal, leise und verschwiegen, sehr spannend.

Jan Costin Wagner liest auf zehnseiten.de

 Rezensionen auf der KrimiZEIT-Bestenliste August 2011

 2011      310 Seiten

1-2


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