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Bernhard Setz: Söhne und Planeten
In vier Erzählungen, die er über ihre Themen, ihre Figuren und Motive zu einem Roman komponiert, zeigt Clemens J. Setz, wie Väter an ihren Söhnen wachsen und Söhne an ihren Vätern – und wie sie aneinander zerbrechen. Einfühlsam, zärtlich, mit einer Lust am literarischen Spiel und gleichermaßen souverän und leichtfüßig. (Klappentext)
– Das sind eigentlich weniger short stories – und wie englisch ich das Wort aussprach! -, sondern eher längere Novellen, nicht mehr als drei oder vier, die miteinander zusammenhängen.
Ich tu mich schwer beim Lesen. Auch beim Verstehen. Personen tauchen auf und später wieder; wer ist wer?; es gibt Skizzen von Geschichten im Text, die einzelnen Personen zugeordnet sind; Motive kreisen – wie Planeten? – um die Figuren: der Tod, das Ficken, das Schreiben, das Sich-Einkringeln wie ein Embryo, Sich-Auflösen. Väter und Söhne auch; das Weltall und die Religion. Werden und Vergehen, die Jungen wie die Alten. Altklug.
Aber was solls?
– Ich versteh das nicht. Was will er damit?
– Nichts. Was soll er wollen?
– Wenn er nichts will, warum schreibt er dann? – Er schreibt, damit es existiert, sagte Nina. – Das versteht doch niemand.
– Er sagt ja selbst, das Kind, das nach einer Ohrfeige zu seinem Schreibtisch stürzt und dort ein Gedicht über die Ungerechtigkeit der Welt schreibt, ist zutiefst lächerlich, fast hassenswert …
– Aber der Text ist völliger Nonsens, beharrte Jan. Ist es nun das kunstvolle Gestammel eines Verzweifelten oder das verzweifelte Gestammel eines Künstlers?
Clemens J. Setz erzählt Geschichten. Die aber hören auf, finden sich später in Andeutungen wieder, werden unterbrochen durch Gedanken, Reflexionen, Fragmente, Anspielungen, andere Geschichten. Erst bei einem Zweitdurchlauf hängt sich mir manches zusammen. Setz spielt mit seinem Wissen, vielleicht ist er auch ein Täuscher, blendet, sind seine Ab-Schnitte weniger Komposition als Schnipsel. Sicher ist nichts. “Das Scharnier seiner Geschichte bilden gleich mehrere Vater-Sohn-Paare, deren narrativer Zusammenhang nicht gleich ersichtlich ist.“ (Richard Kämmerlings, FAZ) Der Leseaufwand und die Ansprüche, das Gelesene zu erinnern, sind beträchtlich. Lohnt sich der Aufwand?
Der Spielplatz an einem Herbsttag. Sinkende Sonne, Kinderlachen. Es ist ein wenig kalt. Das Kind Ernst denkt den Satz: Es wird immer später, das heißt, kälter – und da drüben schaukeln sie. Plötzliches Überwältigt-Sein von der intensivbedeutungslosen Kraft der Szenerie. Trauer, Freude, Tränen, Gekicher. Die Bewegungen der wild schaukelnden Kinder, die an den Park grenzenden Hochhäuser – und das Weltall, das auf einem silbrig-unsichtbaren Spinnennetz glitzert, das über dem klaffenden Mund einer Parkmülltonne hängt. Der brennende Wunsch, in all das einzudringen, mit stromlinienförmigem Delfinkörper und glattem Kopf, wie unter einer Badehaube. Die erste erotische Fantasie des jungen Lebens: Ich, die kleine flugunfähige Patrone im Herbstmantel, an der Hand der Mutter, vor die Kulisse einer großen Unbegreiflichkeit gestellt und ab diesem Zeitpunkt dazu verdammt, sie zu studieren, immer nur sie.
Ist das “zärtlich und leichtfüßig”? Oder aufgesetzter Dilettantismus? Intellektuell, nicht intelligent, wie „Die Buchprüferin“ meint? Hype.
Und wieso gibt es bei Amazon keine Leserrezensionen dazu?
2007 220 Seiten (TaBu)
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