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Georges Feydeau: Ein Klotz am Bein
Regisseur Kay Neumann sagt, man habe sich „bemüht, die Figuren soweit es geht, ins Heute zu rücken …“. Das wäre nicht nötig gewesen, denn der Klotz am Bein ist von gestern. Ist Belle Époque, ist ein Boulevardstück für den Geschmack der Leute um 1900. Heute hat Feydeau nichts mehr zu sagen, auch wenn es die menschlichen Unzulänglichkeiten und Macken, die Feydeau bloßstellen wollte, noch immer gibt. Aber sie müssten anders entlarvt werden, denn das Bisschen Feydeau’scher Kritik wirkt heute harmlos, bieder, fad. Die Zicken und Heiratskünstler von heute haben ihre Methoden gewechselt, auch der schnarrende General hat in der Jahrhundertwende-Soap schon verloren und nichts zu suchen. Die einzige, die ein paar moderne Sprüche aufsagen darf, ist Viviane, die verlorene Tochter und unlustige Braut. Liebe ist …. den Mann zu besitzen, den andere gerne gehabt hätten – nichts anderes. Oh ! pour un mari, on est toujours assez bien !… Regarde dans n’importe quel ménage, quand il y a deux hommes, c’est toujours le mari qui est le plus laid… alors !… Aber sie passt nicht ins Stück, schon gleich gar nicht, wenn Janina Schauer die zickige Göre spielen darf – oder muss. Sie fällt schon optisch aus der Rolle, lustig dennoch ihr Glück, das sie in den Glitzerschuhen findet. Beziehungsweise nicht findet, denn all die High Heels von Zalando scheinen doch so unbequem, dass sie zum Schlussapplaus lieber barfuß erscheint.
Der Inhalt: eher nebensächlich. Ferdinand will seine „Geliebte“ Lucette loswerden, weil er sich von einer Heirat mit der gutsituierten Viviane die Sanierung seiner Finanzen verspricht. Die Hochzeit ist terminiert, Lucette darf nichts davon wissen, lässt sich aber nicht abdrängen; sie ist der „Klotz am Bein“. Dennoch wird sie als Sängerin zur Feier engagiert. Viviane hat kein Interesse an Männern, schon gar nicht an so langweiligen wie Ferdinand, und wenn sie heiraten muss, dann will sie einen Kerl als Gatten, einen Filou. Vor Glück schreit sie nur bei der nächsten Lieferung Schuhe. Lucette macht einen Stalker auf sich aufmerksam, den abgehalfterten General Irrigua. Lucettes Schwester, Vivianes Mutter, der Diener und noch ein paar Randfiguren komplettieren das Personal. Es kommt zu den üblichen Verwechslungen und zu albernen Ausreden, aus den Verstrickungen hilft oft nur noch die Flucht in den Schrank, hinter den Paravent oder durch eine der vielen Türen. Boulevard.
Ulrike Requadt spielt Lucette als Dame von Welt, die sie aber als Künstlerin nicht ist und die Angst hat, den Anschluss zu verlieren. Das mimische Repertoire ist beschränkt. Jacob Keller wirkt zunächst etwas jung und schlaksig für die Rolle des zwischen den Frauen changierenden Liebhabers, man gewöhnt sich aber an ihn. Gerhard Hermann ist mit Brillantine und ausgreifendem Schritt auf Latinlover getrimmt. Als zu klischeehafte Knallertype hat er etliche billige Lacher mit seinem italospanischen Kauderwelsch. Was mehr Eindruck macht ist seine Verwandlung vom lethargisch-anarchistischen Kommissar Kreuzeder in „Little Hero“ zum von sich selbst restlos überzeugten Deppen. Kaum wiederzuerkennen.
Die Bühne ist hoch, die ersten beiden Schauplätze fast identisch; die tapezierten Wände sind hoch, ein paar Türen, viel mehr brauchts nicht zum Verwechseln. Die letzte Szene spielt vor Ferdinands Haus, er hat den Schlüssel innen stecken lassen, eine nach der anderen kommen die agierenden Personen vorbei. Die Farce kippt, aber Viviane phantasiert sich Ferdinand endlich als ihr „mauvais sujet“, ihren Spitzbuben zurecht und alle alle tanzen zu Elvis bis der Vorhang fällt. Das heißt, er bleibt offen, aber dennoch fragt man sich, ob Elvis denn der Richtige ist.
Leidlich amüsant, vorhersehbar, ein bisschen Slapstick, viele bekannte Gags, etwa der stinkende Foulanet (Michael Lämmermann), eine Figur, die nur des stinking gags willen da ist. Für Janina Schauer leider keine Paraderolle.
Theater Regensburg – Inszenierung Kay Neumann
Aufführung am 26. Januar 2013
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