Nachrichten vom Höllenhund


Billingham
18. August 2015, 16:15
Filed under: - Belletristik | Schlagwörter:

Mark Billingham: Die Lügen der Anderen

billinghamMark Billinghams „Die Lügen der Anderen“ („Rush of Blood“) wird als „abgründiger Thriller“ angekündigt. Billingham nimmt sich 410 Seiten, um die Spannung ganz allmählich zu erhöhen und die Abgründe in die Menschen einzugraben. Obwohl der Klappentext viel verrät, trägt auch er dazu bei, dass man wissen muss, wer es denn nun war.

Drei Paare aus England haben sich bei ihrem Urlaub in Florida kennengelernt. Kurz vor ihrem Rückflug verschwindet eine lernbehinderte Schülerin, erst nach Wochen wird sie tot und stark verwest in den Mangrovensümpfen gefunden. Die Ermittlungen stoßen auch auf die englischen Urlauber. Billingham, der „im Norden Londons und in Florida lebt“, knüpft transatlantische Kontakte zwischen dem Detective Jeff Gardner und der britischen Trainee Detective ConstableJenny Quinlan, die Romanze bleibt kleinmädchenhaft. Natürlich werden auch die drei englischen Urlauber verdächtigt, die Schülerin ermordet zu haben und der Verdacht verstärkt sich, als auch im Norden Londons ein behindertes Mädchen umgebracht wird. Sechs Personen könnten sich gegenseitig als Täter vorstellen.

Billingham nähert sich der Aufklärung über die sechs Personen an: Angie und Barry, Sue und Ed, Dave und Marina. Jedem widmet er Kapitel und beobachtet ihre zunehmenden Ängste und Ablenkungen, ihr zunehmendes Misstrauen, auch den jeweiligen Partnern gegenüber. Auch als sich die drei Paare abwechselnd zum Dinner einladen, wird die Oberfläche immer brüchiger, immer auffälliger werden „die Lügen der Anderen“. Der Andere ist man natürlich auch selbst, Billingham richtet die Vermutungen des Lesers auf alle, man ahnt bald, dass der am negativsten Gezeichnete nicht der Täter sein wird. Oder fällt man auf das Kompositionsgeschick Billinghams oder gar auf einen „Red Herring“ herein?

Immer wieder fügt der Autor ein Kapitel ein, in dem der Mörder von sich und seiner Tat erzählt. Mehr weiß man dadurch auch nicht. Die Auflösung erscheint mir dennoch einigermaßen unplausibel. (Was aber auch an mir liegen kann.)

Billingham arbeitet viel mit Dialogen, die auch den Effekt haben, den Text zu verlängern; anfangs erscheinen die Gespräche oft banal und belanglos, peinlich entlarvend, sie spitzen sich aber zu wie die Untiefen der Sprecher, die nach und nach hinter den biederen Fassaden sichtbar werden. Abgründe, kein Thriller, man braucht Geduld.

2014       410 Seiten

2-3

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