Nachrichten vom Höllenhund


Disher
19. Juli 2016, 13:38
Filed under: - Belletristik | Schlagwörter:

Gary Disher: Drachenmann

disherdrachenmann“Disher ist und bleibt einer der besten.” schreibt Michael Saager. Der “Drachenmann” erhielt 2003 den Deutschen Krimipreis. Matthias Brandt lobt Disher aus dem „Polizeiruf“ heraus für seine Dialoge. Was ist dran?

»Garry Disher webt viele Erzählstränge ineinander und behält doch den Überblick”, weiß das Frankfurter Rundschau Magazin. Die Kapitel sind nur wenige Seiten lang und innerhalb dieser wechselt der Blick oft alle paar Zeilen. Viele Personen spielen mit: die Guten auf der Seite der Polizei haben manchmal auch ihre Macken, sind sprunghaft, aggressiv, übermüdet, resigniert, die Bösen vom pyromanischen Kleindieb bis zum psychopathischen Mörder sind gar nicht zu zählen auf der Halbinsel vor Melbourne, im Städtchen Waterloo. Für mich als Leser ist es nicht so leicht, den Überblick zu behalten, wer ist wer, in welches Kästchen muss ich ihn/sie stecken. Disher fühlt mein Problem:

“Lassen Sie mich rekapitulieren. Zwei junge Frauen wurden ermordet, und ein Brief, den wir für authentisch halten, kündigt einen weiteren Mord an. Kymbly Abbott verließ eine Party in Frankston in der Nacht vom zwölften Dezember, wurde gesehen, wie sie am Beginn des Old Peninsula Highway eine Mitfahrgelegenheit suchte, und schließlich am nächsten Morgen vergewaltigt und erwürgt neben der Straße gefunden. Nicht ganz eine Woche später, am siebzehnten Dezember, zeichnete die VAA den Notruf einer gewissen Jane Gideon auf, deren Wagen vor einem Verkaufsstand am Old Peninsula Highway zusammengebrochen war. Das Band deutet auf die Gegenwart einer weiteren Person hin. Gideon war nicht mehr da, als die Polizei und der VAA-Mechaniker eintrafen, und ihre Leiche wurde am Mittwoch am Rand des Devil Bend Reservoir aufgefunden.«
Challis machte eine Pause, um an seinem Kaffee zu nippen. Er nahmdie Gesichter von Ellen Destrys Leuten und jedem der neuen Beam­ten in sich auf und betrachtete sie gelassen. Er hatte keine Ahnung, was sie von ihm dachten. Es war ihm egal. Aber er wollte sie wissen lassen, dass dies seine Ermittlung war und sie in seinen Augen alle gleich waren.

Hal Challis ist der (Serien-)Held, der Dragon Man, er möchte gerne an seinen alten Flugzeugen basteln, doch die überbordende Fülle von Verbrechen auf der Peninsula lässt ihm keine Zeit, kaum welche auch für seine Beziehung zu Tessa, der Lokalredakteurin. Challis ist, wie sich’s gehört, nicht hundertprozentig von seinem Job und von der Gerechtigkeit überzeugt, ein Außenseiter, eigenwillig, aber, natürlich, tüchtig. Das schnelle Umschalten macht den Roman lebendig, man ist fast live dabei, sollte aber beim Lesen nicht innehalten, um nichts zu versäumen und nichts zu vergessen. Bei mir hat’s etwa 100 Seiten gedauert, bis ich mir einen halbwegs nachvollziehbaren Überblick angelesen hatte, ich bin auch am Ende noch nicht sicher, ob ich Täter und Opfer richtig identifiziert habe. (Was aber auch an meinem kriminalistischen Unverständnis liegen kann.)

Die Übersetzung wirkt auf mich stellenweise etwas hölzern. “Sie musste über eine Reihe weiß gestrichener Fahrwegsteine und niedrige Büsche hinwegsteigen, um ihn zu erreichen. Der Boden war von Blättern und Kapseln der blühenden Eukalyptusbäume übersät. Sie nahm das Summen und Flirren der Sommerhitze in der Luft in sich auf, den Duft der Eukalyptusbäume und den salzigen Geruch des nahen Meers. Sie reichte ihm ihre Karte. Er war sehr gut aussehend, hatte geschmeidige Bewegungen und eine sanfte Stimme, und sein Lä­cheln war wirklich charmant. Kein Wunder, dass all ihre Sinne erwacht waren.”

1999       280 Seiten

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