Nachrichten vom Höllenhund


Shockheaded Peter
22. Oktober 2012, 19:51
Filed under: Theater

Tiger Lillies: Shockheaded Peter

Das Theater in Regensburg spielt die „Junk-Opera“ der Tiger Lillies. Junk scheint bei der Aufführung irreführend, den Struwwelpeter erlebe ich als Singspiel. GRIPS war früher, Suppenkaspar geht auch heute noch. Der sarkastisch-schwarze Humor bleibt in England. Dass ich das in meinem Alter noch erleben darf.

Die Störche liefern das bestellte Kind, aber es entpuppt sich als Monster, garstig, junk. Also wird’s stante  pede im Bühnenboden entsorgt. Es wachsen Metamorphosen nach, die Geschichten kennt man, jede Hydra wird (v)erzogen, bis sie stirbt. Nur dass vorher noch ein Lied gesungen wird.

Jede Episode ist schön choreografiert. Die bösen Buben und Mädels singen den Originaltext, die Musik ist eingängig, angejazzt, auch kindgemäß brav. Brav auch die Darstellung. Struwwelige Haare, lange Nägel, die Zeichnungen von Heinrich Hoffmann gaben die Anregungen. Das Intro der Tiger Lillies zitiert die Rocky Horror Picture Show, in Regensburg genügen Netzstrümpfe und –hemden. Eigentlich sind die Kinder in ihrer Halloween-Kostümierung zu lieb, um alle so böse enden zu müssen.

Die Eltern sind bühnenwirksamer, skurriler in ihren Banalitäten, was vor allem an Silke Heise als zänkischer und augenblinkender Mutter liegt. Dankbar Gunnar Blumes Rolle als „Theaterdirektor“. Er hat zwar nicht viel zu sagen, zumindest nicht viel Neues zu den Gräueln der Erziehung, aber er darf als Conférencier mit dem Publikum anbandeln: „Ich dich auch.“ Lokale Anzüglichkeiten werden dankbar aufgenommen. Quatsch-Comedy-Club mit Shakespeare-Zitaten. Kein skurriler Alter sondern ein alerter TV-Talker.

Die Bühne ist abschüssig, da wundert’s nicht, dass am Schluss alle Kinder in den Tod rutschen. Vom anfänglichen Grau heben sich die Kostüme der Kleinen umso greller ab, später schaltet man Licht und Farben und auch ein paar Bühneneffekte zu: Feuerwerk, Nebel, Gimmicks. Zitate ? Ironie ? Schön anzuschauen, wenn Robert und die Klapperstörche leicht wie eine Feder durch die Luft gleiten.

Nein, langweilig ist das nicht, auch wenn ich mich dabei ertappe, in Gedanken zu prüfen, wie viele der Struwwelpeter-Geschichten schon durchgenudelt sind. Das Publikum sieht’s gerne, erweist sich aber als recht lasch, mutlos, vergeudet die Energien beim langen Schlussapplaus anstatt bei den vom Direktor eingeforderten Interaktionen.

Die Frage zum Schluss: Was soll das Ganze, heute 2012 ? – Ein vergnüglicher Abend, pädagogische Diskurse muss man nicht bemühen. Schnippelty Schnapp.

Theater Regensburg – Inszenierung: Constanze Kreusch
Aufführung am 20. Oktober 2012

 Bericht von TVA-Regensburg mit Video


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