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William Shakespeare: Macbeth
Inszenierung: Karin Henkel
Stücke wie „Macbeth“ sollte man kennen, bevor man ins Theater geht. Das dürfen die Regisseure mit Fug erwarten. Die Inszenierung bietet dann bebilderte Gedanken zur Erzählung, setzt Lichter, kombiniert, stellt Fragen und lässt andere offen.
Die drei – ein Mann, zwei Frauen, putzig kostümiert – sind also die Hexen, die mit ihren Wahrsagungen das Spiel in Gang bringen. Schön das Bild, wenn sie im Gegenlicht im Häuschen auf der Bühne hinter Macbeth und Banquo durchscheinen. Gerade sind die beiden von der Schlacht, also vom Schlachten heimgekommen und jetzt sollen sie schon wieder ran. Macbeth hat für den König gekämpft, jetzt soll er, sagen die Hexen, König werden. Es gibt aber noch einen amtierenden König: Duncan, für Macbeth geht der Kampf im Frieden weiter. Banquo wird gesagt, er werde Vater des Königs. Rätselhaft. Shakespeare wird’s auflösen, wie oft gern etwas umwegig.
Macbath und Banquo sind müde, sie wollen zur Erfüllung der Prophezeiungen getragen werden. Benny Claessens als Banquo füllt seine Rolle, in Macbeth steckt eine Frau, Jana Schulz, groß und schlank, knablich mit heller Stimme, so das Wechseln der Geschlechter doppelt brechend. Der – junge – Mann in der Frau im Manne. Das macht Sinn, bedient aber doch wieder das Klischee: Macbeth ist antriebslos, zweiflerisch, weibisch eben, eine „Königskindin“ (Peter von Becker, Tagesspiegel). Das Spiel mit den Geschlechterrollen soll es schon bei Shakespeare gegeben haben, heute spielt das wohl keine Rolle mehr. Karin Henkel, die Regisseurin, wagt da nichts Neues, man ist das gewohnt, nimmt es hin.
Herr und Frau Macbeth sollen und wollen Königs werden. Er zögert, sie bedrängt. Zentral lässt Karin Henkel den Gegensatz zwischen dem weibischen Mann und der herrischen Frau (Katja Bürkle als Lady Macbeth) ausspielen. Mir hat das etwas zu lang gedauert von der Einladung des Königs bis zu seiner schließlichen Ermordung im „Schlafenden Raum“, dem Gemach mit seinem an die Wand gestellten Bett. Auch der tote Banquo fläzt sich in diesem Bett und macht dem noch langsam lebenden Macbeth seinen Platz streitig. Macbeth bringt das Blut nicht los – beliebt in den Kammerspielen -, der ehedem streitbare Feldherr verfällt in Wahn. Es war leichter, die Feinde zu besiegen, als sich selbst. Karin Henkels „Macbeth“ setzt auf Innenwelten. Blut ist gerne und oft verschmiertes Symbol, Dolche werden zum Spielzeug.
Gut haben mir die Szenen gefallen, in denen Hexe und Kammerfrau Kate Strong Shakespeare-Verse im Original sprach. Ein Gag zwar, der aber zeigt, wie schön und präzise die Sprache Shakespeares klingt. (Kate Strong ist Engländerin.) In den deutschen Text hat man ein paar Kalauer eingebaut. Amüsant, wenn sich Macduff (Stephan Merki) und Benny Claessens auf Schwyzerdütsch und Holländsich unterhalten. Einen Bezug finde ich aber auch da nicht, auch nicht in gesuchten (?) Anklängen an englische Dialekte (schottisch?).
Am störendsten: Auf mich wirkte die Aufführung, als wäre sie nur zu zwei Dritteln durchinszeniert. Der Rest war unmotiviertes Geplänkel, als hätte die Regisseurin den Schauspielern gesagt: Ich hab das nicht mehr hingekriegt, ich hab da keine Idee – spielt irgendetwas, euch wird schon was einfallen. So werden ausgiebig Mikrofonkabel gerollt, Benny Claessens stopft sich ein Mikro in den Mund, man spielt ein bisschen Fechten und Fangerl. Da erreicht die Inszenierung das Niveau von Kindergartentheater. Vertane Zeit, gelangweilt und langweilig. Auch den ernsten Szenen wird dadurch ihr Gewicht genommen. Dekonstruktion ja, aber das macht man anders. „Statt ein bisschen Schwung zu holen und loszuerzählen, gern auch loszuuntersuchen oder loszuzerstören, wird gezeigt, wie komplex das Shakespeare-Stück ist und was man sich alles für interessante Themen aussuchen könnte, wenn man sich denn interessieren würde.“ (Ulrich Seidler, Berliner Zeitung)
Zum Schluss noch ein schönes Bild: Die Schauspieler werfen den „wandernden Wald“ durch eine Klappe in den „Schlafenden Raum“ und bedecken Macbeth mit einem Haufen Grünzeug. Viel Applaus – für die Schauspieler.
Münchner Kammerspiele – Aufführung am 19. Juli 2013
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